Baurecht/Vertragsrecht aktuell: Schadensersatz nur noch bei Mangelbeseitigung

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Mit Urteil vom 22.02.2018, Az.: VII ZR 46/17 hat der BGH entschieden, dass Schadenersatz gegenüber einem Werkunternehmer oder einem Architekten nur noch verlangt werden kann, wenn der Mangel tatsächlich beseitigt wird. Ein Schadensersatzanspruch aufgrund fiktiver Mangelbeseitigungskosten ist nicht mehr möglich.

 

Der Sachverhalt:

Ein Bauunternehmer und ein Architekt wurden durch Urteil des OLG Düsseldorf  vom 19.01.2017, Az.: 5 U 30/15 gesamtschuldnerisch wegen Ausführungs-und Planungsmängeln zur Zahlung von Schadensersatz auf Basis fiktiver Mangelbeseitigungskosten verurteilt. Der Bauunternehmer hatte Natursteinarbeiten mangelhaft ausgeführt. Der Architekt hatte die Arbeiten überwacht. Die Klägerin ließ die Mangelbeseitigungsarbeiten nicht durchführen und veräußerte das Objekt während des Prozesses. Der BGH hob dieses Urteil auf.

 

Das Urteil:

In Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschied der BGH, dass Schadensersatz nicht mehr auf Basis fiktiver Mangelbeseitigungskosten verlangt werden kann. Nur wenn der Besteller den Mangel auch tatsächlich beseitigen lässt, entsteht ihm auch ein Schaden. Eine Schadensbemessung nach fiktiven Mangelbeseitigungskosten führt häufig zu einer Überkompensation.

 

Fazit :

Das Urteil kann getrost als eine Sensation bezeichnet werden, da sämtliche auf fiktiven Mangelbeseitigungskosten basierende Klagen, soweit sie Werkverträge betreffen, die nach dem 1.01.2002 abgeschlossen wurden, nunmehr unbegründet sind. Diese Klagen müssen zwingend umgestellt werden. Allerdings zeigt der BGH 3 Möglichkeiten auf, wie der Schaden für den Fall, dass der Mangel nicht beseitigt wird, ermittelt werden kann: Der Besteller kann den Schaden im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert des Gewerkes ohne Mangel und ihrem Wert mit Mangel ermitteln.Wenn die Sache veräußert wird, ist dann der erzielte (geringere) Kaufpreis ein Indiz. Vor Begleichung der Kosten für die Mangelbeseitigung kann der Besteller die Befreiung von den zur Mangelbeseitigung eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen. Will er den Schaden nicht vorfinanzieren, kann er auf Zahlung eines Vorschusses klagen. Hierbei ist aber zu beachten, dass die Sanierung auch zwingend durchgeführt werden muss und eine Pflicht zur Abrechnung der Kosten besteht.

Update: BGH 21.06.2018, VII 173/16: Auftraggeber, der das Werk behält und den Schaden nicht beseitigen lässt hat keinen Schadebersatz in Höhe fiktiver Mangelbeseitigungskosten

Der BGH setzt seinen im Urteil vom 22.02.2018, VII ZR 46/17 aufgestellten Grundsatz im Werkvertragsrecht fort, dass eine Schadensbemessung aufgrund fiktiver Mangelbeseitigungskosten nicht mehr möglich ist.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt begehrte der Auftraggeber nach einer Kündigung des Werkvertrages durch den Besteller die Zahlung restlichen Werklohnes von 257 T €. Der Auftraggeber erklärte gegenüber dieser Forderung erfolgreich die Hilfsaufrechnung mit einem Schadenersatz in Höhe von 104 T € wegen Mängeln am Glasdach.

Der BGH hat die Entscheidung aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das OLG zurückgewiesen und bestätigt, dass ein Auftraggeber, der den Mangel nicht beseitigen lässt, seinen Schaden nicht nach den fiktiven Kosten für die Mangelbeseitigung bemessen kann. Ob dieser Grundsatz auch bei anderen Vertragstypen (so etwa beim Kaufvertrag) oder generell bei der Schadensberechnung  Anwendung finden wird, bleibt abzuwarten.