Rechtsanwaltskanzlei Oliver John

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Archiv für Februar, 2018

Arbeitsrecht aktuell: Rechtsmissbräuchliche Anweisung Arbeitgeber bei unzumutbarer Pendelzeit

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Das LAG Berlin hat durch Urteil vom 17.11.2017, Az.: 2 Sa, 965/17 entschieden, dass eine Anweisung des Arbeitgebers im Güteverhandlungstermin nach Rücknahme einer Kündigung, am nächsten Tag um 7:00 Uhr früh an einem 170 km entfernten Ort zur Arbeitsaufnahme zu erscheinen, unwirksam ist.

Der Sachverhalt:

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1.08.2016 als Lagerarbeiter beschäftigt. Sein Wohnsitz ist etwa 6 km vom Firmensitz entfernt. Im Arbeitsvertrag wurde vereinbart, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer entsprechend seinen Leistungen und Fähigkeiten mit einer anderen, gleichwertigen Arbeit betrauen und ihn vorübergehend an einem andern Ort, auch bei einem Konkurrenzunternehmen einsetzen kann. In einem Kündigungsrechtstreit nahm der Arbeitgeber eine Kündigung zurück und forderte den Arbeitnehmer noch im Gerichtssal auf, am nächsten Tag um 7.00 Uhr morgens in einer 170 km von dessen Wohnort entfernten Niederlassung zu arbeiten. Die Fahrtzeit dorthin beträgt mit dem Auto 1h 45 min, mit öffentlichen Verkehrsmitteln 4 h 50 min. Der Kläger kam der Weisung nicht nach und erschien am Firmensitz. Nach 3 Abmahnungen kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise fristgemäß.

Das Urteil:

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht hielten die Kündigungen und die Abmahnungen trotz der Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag für unwirksam. Nach der neusten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.10.2017, Az.: 10 AZR 330/16 ist der Arbeitnehmer nicht an eine Weisung gebunden, die die Grenzen des billigen Ermessens nicht wahrt. Das LAG erachtete die unmittelbar nach Rücknahme einer Kündigung im Gerichtstermin ausgesprochene Weisung für unwirksam, weil dies für einen Rechtsmissbrauch sprach, keine betriebliche Notwendigkeit vorlag und es ausschließlich um eine Disziplinierung des Arbeitnehmers ging.

 

Fazit:

Die hier bereits besprochene Änderung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird durch dieses Urteil fortgeführt. Bislang war ein Arbeitnehmer bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung verpflichtet, unbillige Anweisungen hinzunehmen.Vor der Änderung hätte er in dem entschiedenen Fall die Arbeit in der 170 km entfernten Niederlassung am nächsten Tag ohne Wenn und Aber aufnehmen müssen.

Verkehrsrecht aktuell: Erfolgreicher Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid wegen Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem Messgerät ESO ES 3.0

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Das Amtsgericht Dessau-Roßlau hat durch Urteil vom 06.06.2017, Az.: 13 OWi 471/16 einen LKW-Fahrer freigesprochen. Ihm wurde vorgeworfen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften vom 30 km/h um 22 km/h überschritten zu haben. Die festgestellte Geschwindigkeit betrug nach einem Toleranzabzug 52 km/h.

 

Der Sachverhalt:

Gegen den Fahrer, der von Rechtsanwalt John vertreten wurde, verhängte die Zentrale Bußgeldstelle Magdeburg wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung einen Bußgeldbescheid mit einer Geldbuße von 130 € und 1 Punkt. Die Geschwindigkeitsmessung wurde mit einem Messgerät ESO ES 3.0 vorgenommen. Dabei handelt es sich um ein mobiles Lichtsensormessgerät. Nach einer Rüge des Verteidigers bezüglich eines korrekten Messvorgangs  beauftragte das Gericht einen Sachverständigen, der mit einem ausführlichen Gutachten die Geschwindigkeitsmessung überprüfte.

 

Das Urteil:

Der von Rechtsanwalt John eingelegte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid war erfolgreich. Das Amtsgericht Dessau-Roßlau hat den LKW-Fahrer freigesprochen, weil die Geschwindigkeitsmessung nicht auswertbar war. Dies beruhte auf dem Umstand, dass eine deutliche Winkelabweichung des Verlaufes der Fotolinie in abfließender Verkehrsrichtung zum Verlauf der Fotolinie vorlag. Zudem waren Lage und Verkehrsrichtung der Fotolinie nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet, wodurch eine nachträglich gesicherte Rekonstruktion des Verlaufs der Fotolinie nicht möglich war.

 

Fazit:

Der mobile Blitzer ESO ES 3.0 misst die Geschwindigkeit nach dem Prinzip der Weg-Zeit-Messung. Er gehört zu den sog. standardisierten Messverfahren. Ein solches liegt vor, wenn Messungen unter Einhaltung der Gebrauchsanweisung des Herstellers erfolgen und das Gerät geeicht ist. Ergeben sich aber konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit von Messfehlern, muss das Gericht die Messung individuell überprüfen. Und genau das hat das Gericht im vorliegenden Fall nach entsprechendem Beweisantrag des Verteidigers auch getan und den LKW-Fahrer freigesprochen, weil die Messung nicht verwertbar war.

Arbeitsrecht aktuell: Fristlose Kündigung wegen Verharmlosung des Holocaust ohne Abmahnung gerechtfertigt

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 18.10.2017, 16 Ca 23/17 die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers bestätigt, der in der Betriebsöffentlichkeit die Gaskammermorde und das Ausmaß der Judentransporte im zweiten Weltkrieg verharmlost hat.

Der Sachverhalt:

Der Kläger war seit 2015 bei der Beklagten als Liegenschaftsbetreuer tätig. Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Abfallmanagementdienstleistung für die Wohnungswirtschaft mit mehreren Niederlassungen in Deutschland. Im Dezember 2016 wurden in einem Dienstwagen eines Kollegen des Klägers Musik-CDs mit rechtsradikalem Inhalt gefunden. Aus diesem Anlass kam es auf dem Flur des Unternehmens mit Kollegen und Kolleginnen zu einem Gespräch, in dessen Verlauf der Kläger den Holocaust leugnete und verharmloste. Nach für das Gericht glaubhafter Zeugenaussage erklärte der Kläger, die Judentransporte hätten aus Kostengründen nicht in diesem Ausmaß stattfinden können, das mit dem Gas hätte nicht sein können, weil es so explosiv gewesen sei, dass das Lager in Mitleidenschaft gezogen worden wäre; es habe eine zu große Gefahr für die Soldaten bestanden. Der Kläger entschuldigte sich später in einem Schreiben für seine Äußerungen.

 

Das Urteil:

Das Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung als gerechtfertigt angesehen, weil der Kläger in der Öffentlichkeit volksverhetzende und den Betriebsfrieden störende Äußerungen getätigt hat. Eine Abmahnung hielt das Gericht für entbehrlich.

 

Fazit:

Leugnet oder verharmlost ein Arbeitnehmer in einem Gespräch unter Arbeitskollegen im Betrieb, welches keinen vertraulichen Charakter hat, die Gaskammermorde an Juden im zweiten Weltkrieg, so ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt. Einer vorherigen Abmahnung bedarf es nicht, da für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist, dass der Arbeitgeber auch eine einmalige Äußerung in der Betriebsöffentlichkeit nicht hinnehmen wird.