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Archiv für November, 2018

Mietrecht/Vertragsrecht aktuell: BGH erhöht Mieterschutz bei Immobilienverkauf

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der BGH hat durch Urteil vom 14.11.2018, VIII ZR 109/18 entschieden, dass Mieter einer kommunalen Immobilie bei dessen Verkauf gegenüber dem Verkäufer durch eine im Kaufvertrag vereinbarte Klausel, die dem Mieter ein lebenslanges Wohnrecht einräumt, vor einer Kündigung geschützt sind.

Der Sachverhalt:

Die Beklagten sind seit 37 Jahren Mieter einer in einem Siedlungshaus gelegenen Wohnung in Bochum. In dem Haus befindet sich nur noch eine weitere Wohnung, die mittlerweile die Klägerin zu 2) bewohnt. Die Kläger kauften 2012 das Grundstück. Der Kaufvertrag enthielt folgende Klausel:

“Die Mieter haben ein lebenslanges Wohnrecht. Der Käufer übernimmt das bestehende Mietverhältnis. Er darf insbesondere keine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder wegen der Behinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung aussprechen. Möglich ist lediglich eine Kündigung wegen der erheblichen Verletzung der dem Mieter obliegenden vertraglichen Verpflichtungen […] Für den Fall, dass der Käufer ohne Zustimmung des Verkäufers oder ohne Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes das Mietverhältnis kündigt, ist der Verkäufer berechtigt, das Kaufgrundstück lasten- und schuldenfrei wiederzukaufen.”

Im Jahr 2015 kündigten die Kläger das Mietverhältnis nach § 573 a I BGB. Diese Vorschrift sieht eine erleichterte Kündigungsmöglichkeit vor, wenn der Vermieter in einen Gebäude mit nicht mehr als 2 Wohnungen wohnt, was hier der Fall war.

Die Vordergerichte wiesen die Räumungsklage des Vermieters ab. Der BGH hat diese Entscheidung bestätigt.

Das Urteil:

Der BGH hat die Klausel mit der Vereinbarung eines lebenslangen Wohnrechts als einen Vertrag zu Gunsten Dritter nach § 328 BGB angesehen, der den Mietern auch vor der erleichterten Vermieterkündigung wegen Eigenbedarfs Kündigungsschutz gewährt. Für diese hohe Schutzbedürftigkeit spricht auch, dass bei einer unberechtigten Kündigung ein Wiederkaufsrecht der Stadt vereinbart wurde. Für den Fall, dass diese Bestimmungen von der Stadt Bochum in einer Vielzahl von Immobilienkaufverträgen verwendet wurden und somit allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen, gilt nichts anderes. Die Klauseln benachteiligen den Immobilienkäufer nicht. Sie stellen eine ausgewogene Regelung für den Verkauf von kommunalen Immobilien dar.

Fazit:

Mit dieser Entscheidung werden Mieter beim Verkauf von kommunalen Wohnungen vor Kündigungen geschützt. Dieser Schutz gilt allerdings bei Kündigungen, der eine Pflichtverletzung oder ein Verschulden des Mieters zugrunde liegen nicht. Die Rechtsanwaltskanzlei Oliver John berät Sie bei Problemen im Mietrecht oder Vertragsrecht gern.

 

Arbeitsrecht aktuell: Urlaubsanspruch verfällt nicht automatisch und ist vererbbar

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der Europäische Gerichtshof hat am 6.11.2018 in den Verfahren C-619/16, C-684/16 entschieden, dass ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf  Vergütung von Jahresurlaub nicht automatisch verliert, wenn er keinen Jahresurlaub beantragt. In den Verfahren C-569/16 und C-570/16 hat der EuGH  am 6.11.2018 geurteilt, dass Urlaubsabgeltungsansprüche grundsätzlich vererbbar sind.

 

Die Sachverhalte:

Ein Rechtsreferendar des Land Berlin während seines Vorbereitungsdienstes in den letzten Monaten keinen bezahlten Jahresurlaub genommen und eine Entschädigung beantragt. Das Land lehnte ab. Der Kläger erhob Klage vor dem Verwaltungsgericht. In dem anderen Fall wurde der Kläger 2 Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses aufgefordert, seinen Resturlaub zu nehmen. Er nahm nur 2 und beantragte für die restlichen Tage Vergütung, was abgelehnt wurde. Der Kläger erhob Klage vor dem Arbeitsgericht. Das OVG Berlin-Brandenburg und das Bundesarbeitsgericht legten die Sachen dem EuGH vor und wollten wissen, ob dem nationalen Recht, welches den Verlust der Vergütung vorsieht, wenn der Arbeitnehmer keinen Urlaub beantragt, Unionsrecht entgegensteht.

In dem zweiten Fall waren die verstorbenen Ehemänner bei einer Stadt und einem privaten Arbeitgeber beschäftigt. Deren Ehefrauen beantragten eine finanzielle Vergütung für nicht genommene Urlaubstage, was ihnen verwehrt wurde. Sie erhoben Klage. Das Bundesarbeitsgericht wollte legte dem EuGH den Fall vor, weil er der Auffassung war, dass der Anspruch nicht auf die Erben übergeht.

 

Die Urteile:

In den ersten beiden Fällen hat der EuGH entschieden, dass ein ungenutzter Urlaub nicht bereits dann verfällt, wenn kein Antrag gestellt wurde. Der Arbeitnehmer ist im Arbeitsverhältnis der traditionell schwächere Teil und kann daher abgeschreckt sein, seine Rechte geltend zu machen. Das Gericht wies darauf  hin, dass der Urlaub dennoch verfallen kann, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass er den Arbeitnehmer entsprechend aufgeklärt und ihm Gelegenheit gegeben hat, den übrigen Urlaub zu nehmen.

Im zweiten Fall legte der EuGH fest, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers nach dem Unionsrecht nicht mit dem Tod untergeht.

 

Fazit:

Der EuGH hat die Rechte des Arbeitnehmers gestärkt und verlangt nicht mehr für eine Urlaubsabgeltung, dass der Arbeitnehmer vorher einen Urlaubsantrag gestellt hat. Arbeitgeber müssen ihre bisherige Praxis umstellen und ein geeignetes Instrumentarium schaffen, mit dem sie nachweisen können, dass sie den Arbeitnehmer entsprechend aufgeklärt und die Möglichkeit gegeben haben, den restlichen Urlaub zu nehmen. Der Urlaubsanspruch ist vererbbar. In diesem Punkt hat der EuGH die bisherige anders lautende Rechtsprechung des BAG außer Kraft gesetzt. Die Rechtsanwaltskanzlei John berät Sie in dieser Problematik gern.